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| Von Bistum Trier/Verena Breitbach

Ethik-Institut Vallendar-Trier eröffnet

Schwerpunkte am Trierer Standort sind Organisations- und Unternehmensethik

Trier/Vallendar – Nicht erst die Corona-Krise hat gezeigt, dass ethische Fragen insbesondere mit Blick auf den Gesundheitssektor zunehmen und an Komplexität gewinnen. Um dieser Entwicklung gerecht zu werden, haben die Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar (PTHV), die Theologische Fakultät Trier und die BBT-Gruppe (Barmherzigen Brüder Trier) als konstitutiver Kooperationspartner gemeinsam das Ethik-Institut Vallendar-Trier gegründet. Am 24. Juli 2020 ist das Institut im Rahmen eines Festaktes eröffnet worden. Im Anschluss segnete Bischof Dr. Stephan Ackermann die Räumlichkeiten im Geburtshaus des Begründers der Katholischen Soziallehre, Oswald von Nell-Breuning, ein. Der Standort Trier unter der Leitung von Prof. Dr. Ingo Proft (PTHV) setzt seine Schwerpunkte auf Organisations- und Unternehmensethik und versteht sich als Ergänzung zu dem 2006 von Prof. em. Dr. Heribert Niederschlag SAC gegründeten Ethik-Institut an der PTHV, das vornehmlich Fragen der Medizin- und Pflegeethik untersucht. In Planung ist außerdem die Einführung des Masterstudiengangs Theologie und Ethik im Sozial- und Gesundheitswesen.

Ethik ist kritisches Korrektiv

Die Eröffnung des Instituts Vallendar-Trier sei ein Zeichen des Aufbruchs, sagte Prof. Proft, der bereits seit 2016 das Ethik-Institut an der PTHV leitet. „Damit dürfen wir heute miteinander ein neues Kapitel der Katholischen Sozialethik hier in Trier, in der Stadt und im Bistum, aufschlagen.“ Der große Fragenkomplex von Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit, Gemeinwohlorientierung und sozial gerechter Güterverteilung betreffe nicht nur konfessionelle Träger von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen, sondern letztlich jeden verantwortlich wirtschaftenden Unternehmer. Dabei seien die Forschungsgegenstände Personal- und Organisationsentwicklung mit Blick auf die Lehre Nell-Breunings, dass es keine Gemeinschaft geben könne, in der das Solidaritätsprinzip nicht gelte, maßgebliche Bausteine gelingender Führung. Die Ethik sei dabei „kein Erfolgsgarant; aber sie ist ein kritisches Korrektiv – gerade in Führungsfragen!“, sagte der 39-Jährige. Den Aspekt der gelingenden Führung nahm auch Prälat Prof. Dr. Peter Neher vom Deutschen Caritasverband in seinem Video-Vortrag auf. Führungskräfte seien Gestalter von Entwicklungsprozessen, wobei die Anforderungen an sie zunehmend komplexer würden: „Christliche Organisationen brauchen die Diskussion darüber, wie die eigenen Ideale mit Leben gefüllt werden können. Und dabei sind sie auch auf die spirituelle und wissenschaftliche Reflexion angewiesen.“

„Es ist ein Neuaufbruch“, bekräftigte auch Markus Leineweber, Hausoberer im Krankenhaus der Barmherzigen Brüder Trier, in seinem Grußwort. Denn es gebe eine ganze Reihe an Themen, die es zu betrachten gelte, darunter zahlreiche besonders aktuelle Fragen: Wie weit kann Privatwirtschaft im Gesundheitssystem funktionieren – wo sind dort die Grenzen? Wie kann Teilhabe und Inklusion gelingen? Wie kann Lohngerechtigkeit im Gesundheitssektor gewährleistet werden? „Und wie kommen wir unserem christlichen Auftrag in einer zunehmend säkularisierten Welt nach?“ Dabei solle das Ethik-Institut als kritische Instanz an der gesellschaftlichen Debatte teilhaben und dabei nicht nur auf die Auswirkungen der Rahmenbedingungen reagieren, sondern diese selbst mitgestalten, sagte Leineweber. Bereits als die BBT- Gruppe das Geburtshaus von Nell-Breuning erwarb, habe Leineweber die Idee gehegt, dort einen Ort der wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit den sozialethischen Fragen im Gesundheitswesen zu schaffen.

Gelingende Vernetzung für Mensch und Gesellschaft

Um diesen dringlichen Fragen gerecht zu werden, brauche es ein „effektives Netzwerk der christlichen Ethik und Unternehmenskultur“, sagte Bruder Peter Berg, Regionalleiter der BBT-Gruppe in der Region Trier. Den Aspekt der Vernetzung unterstrichen auch Prof. Johannes Brantl, Rektor der Theologischen Fakultät Trier, und Bischof Ackermann in ihren Grußworten. „Das Gebot der Stunde heißt Kommunikation und Zusammenarbeit“, sagte Bischof Ackermann, denn nur so könne ein Gewinn für Mensch und Gesellschaft erzielt werden. Von der gelingenden Vernetzung einzelner qualifizierter Partner „wird der Erfolg des Instituts abhängen“.

Interview mit Prof. Dr. Ingo Proft, Leiter des Ethik-Institutes Vallendar-Trier. Das Interview führte Verena Breitbach, PTHV

„Gründung eines Zweitstandortes des Ethik-Institutes an der PTHV gemeinsam mit der Theologischen Fakultät Trier“

Teaser: Das im Oktober 2006 an der Philosophisch-Theologischen Hochschule Vallendar (PTHV) gegründete Ethik-Institut bearbeitet ethische Fragestellungen, vor allem für christliche Trägerorganisationen im Gesundheits- und Sozialwesen. Zukünftig soll der Bereich der Wirtschaftsethik mit einem besonderen Schwerpunkt in Personal- und Organisationsentwicklung weiter ausgebildet werden. Dazu wurde am 24.07.2020 ein zweiter Standort des Ethik-Instituts in den Räumlichkeiten des Geburtshauses von Oswald von Nell-Breuning in Kooperation mit der bbt eröffnet. Das Ethik-Institut wird zukünftig durch die Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar und die Theologische Fakultät Trier getragen.

Frage: Worauf liegt der Arbeitsschwerpunkt des Ethik-Institutes in Vallendar?

I.P.: Der Arbeitsschwerpunkt des Ethik-Instituts am Standort Vallendar liegt auf dem breiten Aufgabenfeld der Ethik im Gesundheitswesen. Besondere Bedeutung erfahren hierbei der Bereich der Medizinethik und der Pflegeethik. Konkret betrifft dies alle Fragen vom Lebensanfang (z.B. Umgang mit Konfliktschwangerschaften und Schwangerschaftsabbruch) bis zum Lebensende (z.B. Ethik in der Palliativmedizin, Einstellung von Ernährung am Lebensende). Am Standort Trier werden die vielfältigen ethischen Herausforderungen im Umfeld unternehmerischer Entscheidungen gebündelt. Das reicht in der Praxis von Fragen der Unternehmenskultur (CSR) über Innovations- und Changemanagement bis hin zu handfesten wirtschaftsethischen Themen wie Standortanalysen. Wichtige Gesprächspartner sind dabei u.a. konfessionelle überregionale Träger von Gesundheitseinrichtungen wie die Barmherzigen Brüder Trier, die Marienhaus Unternehmensgruppe, die Cusanus Trägergesellschaft Trier, die Caritas Trägergesellschaft Saarbrücken, die barmherzigen Schwestern vom Hl. Karl Borromäus und die Franziskanerbrüder vom hl. Kreuz (Hausen/Wied). Diese Träger verbindet der Ethikrat katholischer Träger von Gesundheits- und Sozialeinrichtungen im Bistum Trier, der die benannten Trägerschaften einrichtungsübergreifend in ethischen Fragen berät. Das Ethik-Institut ist Geschäftsstelle des Ethikrats.

Frage: Welche weiteren Themen gab es in diesem Jahr im Ethik-Institut Vallendar?

I.P.: Der Ethikrat und das Ethik-Institut Vallendar haben sich intensiv mit ethischen Fragen im Umfeld von Triage und Pandemien beschäftigt. Jüngst ist dazu die Stellungnahme „Covid-19. Ethische Empfehlungen über Beginn und Fortführung einer intensivmedizinischen Behandlung bei nicht ausreichenden Behandlungskapazitäten“ erschienen. Aktuell arbeitet der Ethikrat an einer Stellungnahme zum Thema „Suizidbeihilfe“ angesichts des Urteils des Bundesverfassungsgerichtes zu § 217 StGB (2 BvR 2347/15 -, Rn. 1-343).

Zu ausgewählten Themen bietet das Ethik-Institut zudem Fort- und Weiterbildungen an. So fanden zu den Themen „Freiwilliger Verzicht auf Nahrung und Flüssigkeit“ sowie „Assistierter“ Suizid 2019 verschiedene Vorträge und Workshops im Rahmen des Trägerübergreifenden Fortbildungsprogramms „Angewandte Ethik“ statt. Initiatoren und Veranstalter sind die K Plus Gruppe, das Ethik-Institut Vallendar, die Marienhaus Stiftung, die BBT-Gruppe, die Hildegard Stiftung, die Malteser und die cts.

Auf einige weitere ausgewählte Veranstaltungen und Kurse sei an dieser Stelle exemplarisch verwiesen:

  • 15. Medizinethische Fachtagung: „Pränatales Kindeswohl“ 11.05.2019 (ca. 120 Teilnehmer)
  • Leitbildentwicklung in der Marienhaus Unternehmensgruppe (Juli 2019) Abschluss des 18-monatigen Monitoringprozesses zum Thema Leitbild im Bereich Organisationsentwicklung
  • Corporate Social Responsibility (Universitärer Zertifikatskurs 2019/20); 6 Module, Start: 25.11.2019, Zielsetzung: Ethische Handlungskompetenz in Personalführung und Organisationsentwicklung

Frage: Welche Themen-Bereiche sollen weiter ausgebaut werden?

I.P.: Zukünftig soll der Bereich der Wirtschaftsethik weiter ausgebildet werden. Dazu ist die Gründung eines zweiten Standorts des Ethik-Instituts in Trier am 24.07.2020 erfolgt. Das Ethik-Institut wird damit zukünftig durch die Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar und die Theologische Fakultät Trier getragen. Am Standort Vallendar wird der Arbeitsschwerpunkt weiterhin im Bereich der Bioethik (besonders Medizin- und Pflegeethik) im Gesundheitswesen zusammen mit dem Ethikrat liegen. Am Standort Trier wird in Kooperation mit der BBT-Gruppe der Bereich der Personal- und Organisationsentwicklung entfaltet. Beide Schwerpunkte ergänzen sich und dienen der weiteren Vernetzung der zunehmenden Anzahl von Bereichsethiken in der Gesellschaft.

Frage: Wer entscheidet über die Auswahl der Themen?

I. P.: Themen können von Trägern, Kooperationspartnern oder wissenschaftlichen Mitgliedern des Ethikrats/Ethik-Instituts eingebracht werden. Oft werden auch tagesaktuelle Fragen aufgegriffen, die beispielsweise im Bundestag oder in den jeweiligen Ärztekammern diskutiert werden.

Frage: Welche Resonanz erhalten Sie auf Stellungnahmen – auch aus der Politik?

I. P.: Resonanzen sind, besonders zu den ethischen Stellungnahmen, vielfältig. Das können einzelne Mitglieder von Ausschüssen, Abgeordnete oder deren Büros auf Ebene des Bundes- bzw. Landtages aber auch auf kommunalpolitischer Ebene sein. Vielfach kommen aber auch Rückmeldungen ganz konkret aus der Praxis von Einrichtungen, Ärzten und Pflegekräften, Patienten und deren Angehörigen. Inhaltlich reicht dies von Anfragen, kritischen Impulsen bis hin zum Dank, dass man sich eines komplexen Themas angenommen und Orientierung in der persönlichen Entscheidungsfindung geboten hat.

Frage: Was bietet das Ethik-Institut darüber hinaus Externen an?

I.P.: Das Ethik-Institut ist an einer breiten Vernetzung mit unterschiedlichen Akteuren in Politik und Gesellschaft interessiert. In diesem Zusammenhang existieren verschiedene Arbeitsgruppen und Veranstaltungsformate. So finden unterschiedlichste Formate Berücksichtigung, so auch Lesungen und Buchvorstellungen oder Podiumsdiskussionen zu aktuellen gesellschaftlichen Themen und Symposien, statt (nächste Veranstaltung voraussichtlich im Mai 2021: 16. Medizinethische Fachtagung: „Spenderkinder“). Darüber hinaus bietet das Ethik-Institut in Zusammenarbeit mit einer großen Gruppe von Gesundheitsträgern ein jährlich aktualisiertes Fortbildungsangebot „Angewandte Ethik“ an.

Bischof Ackermann (links) segnete die Räume des Ethik-Instituts Vallendar-Trier im Geburtshaus von Oswald von Nell-Breuning ein. Mit im Bild sind Markus Leineweber (rechts), Prof. Dr. Ingo Proft (2.v.r.) und Evi von Nell (3.v.r.)

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