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| Von Verena Breitbach

„Autonomie am Lebensende“

Prof. Dr. Ingo Proft hielt Vortrag über kontroverses Thema

Beim Trierer Hospizabend in der Konstantinbasilika am Welthospiztag, der traditionell im Oktober begangen wird, hielt in diesem Jahr Prof. Dr. Ingo Proft, außerplanmäßiger Professor für Theologische Ethik, Gesellschaft und Sozialwesen an der PTHV und Leiter des Ethik-Institutes an der PTHV, einen Vortrag zum Thema: „Ich will niemandem zur Last fallen! – Autonomie am Lebensende“. „Gerade an der Grenze des Lebens bedarf es eines besonderen Gespürs für individuelle Bedürfnisse, für die Persönlichkeit und die Lebensbiografie des jeweiligen Menschen. Hier braucht es Sensibilität und Offenheit und den Mut zuzuhören“, sagte Prof. Proft.

In seiner Einführung verdeutlichte der Referent, dass mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 26. Februar 2020 zum bis dato geltenden ‚Verbot der geschäftsmäßigen Förderung der Selbsttötung in § 217 Abs. 1 StGB‘ sich die Gewichte in der Debatte um die Sterbehilfe in den vergangenen Monaten deutlich verschoben haben: „Was von Befürwortern als Durchbruch begrüßt wird, der endlich eine flächendeckende, ärztlich assistierte Suizidhilfe ermöglicht, mehr noch als Rechtsanspruch legitimiert, wird von Kritikern als Dammbruch, als radikale Wertverschiebung aufgefasst, die den Arzt als Dienstleister eines möglichst schnellen und komplikationslosen Sterbens versteht. Vielfach wird dabei allerdings übersehen, dass das Urteil einer konkreten Umsetzung in positives Recht und dieses selbst wiederum der Auslegung und entsprechenden Anwendung bedarf. Damit ist ein gestufter Prozess verbunden, der seit Monaten bereits die bundespolitische Debatte ebenso wie die Debatten auf Länderebene zu den Folgewirkungen auf das Berufsrecht und Standesethos der Ärzte prägt. Die jeweiligen Diskurse kommen bisweilen zu höchst unterschiedlichen Bewertungen – die Grenzen der Positionen verlaufen selbst auf der Ebene des Bundestags vielfach innerhalb der politischen Parteien.“

Nach seiner Einleitung gab der Referent Impulse für eine kritische Reflexion. „Selbstbestimmung ist daher nicht automatisch mit Verantwortung gleichzusetzen. In den wenigsten Fällen haben meine Entscheidungen nur, ja ausschließlich nur mit mir zu tun. Der Mensch lebt und handelt in sozialen Beziehungen, so hat all das, was er erlebt und erfährt, was er beziehungsweise sie entscheidet und tut notwendigerweise immer auch mit anderen zu tun“, so Prof. Proft. Gerade hier müsse auch in der gesellschaftlichen Diskussion die Frage nach dem assistierten Suizid, der Suizidhilfe ansetzen, wenn die eigene Existenz als Belastung für geliebte Menschen und ein mit Hilfe aus dem Leben scheiden als Entlastung – ja, als logische Konsequenz einer verantwortlichen Entscheidung gesehen werde. Hier zeige sich jedoch bereits ein erster logischer Kurzschluss, wenn mit der vermeintlichen Selbstbestimmung automatisch auch eine verantwortliche Entscheidung verbunden werde. Erneut sei Vorsicht geboten im Umgang mit gängigen Begriffen.

Prof. Proft verwies auf wichtige Impulse für einen personensensiblen Zugang in der Palliativmedizin und in der Hospizarbeit und gab ethisch-praktische Handlungsperspektiven für Akteure aus Pflege, Medizin und Betreuung sowie für Angehörige. „Mehr noch wissen wir alle um die immer knapper werdenden personalen und finanziellen Ressourcen im Gesundheitswesen, die nicht einfach im Sinne einer Maximierung von Dienstleistungsangeboten münden können. Im Gegenteil sind Effizienz und Effektivität im ökonomischen Sinne keine Garanten für ein gelingendes Sterben“, sagte Prof. Proft. „Auch ist eine christliche Kultur des Sterbens, die vom Gedanken der Beziehung geleitet ist, ist keine Einbahnstraße: Nicht selten fühlen sich Menschen, die diesen Weg mitgehen, gerade in der Erfahrung wie Menschen die letzte Phase ihres Lebens gestalten, getröstet und bestärkt und gewinnen oftmals Mut für ihr eigenes Leben und Sterben. Vielfach geschieht hier eine ganz intensive, ursprüngliche Kommunikation – ein echter menschlicher Austausch. Doch lässt sich auch diese Erfahrung keinesfalls machen, d. h. durch noch so gute Konzepte garantieren und sicherstellen – vieles ist Geschenk, manches – religiös gesprochen – auch Gnade.“

Mit Wortbeiträgen und einer Meditation mit Pfarrerin Friederike Fleck und Weihbischof Franz Josef Gebert tauchten die Geistlichen noch einmal in ganz anderer Form in das Thema ein und regten zum Nachdenken und Innehalten an. Mit dem Verteilen des Hospizlichtes endete der diesjährige Hospizabend.

Der gesamte Vortrag von Prof. Dr. Ingo Proft wurde aufgezeichnet und steht auf dem YouTube-Kanal des Ethik-Instituts Vallendar zur Verfügung.

Prof. Dr. Ingo Proft, Leiter des Ethik-Instituts, hielt den Vortrag „Autonomie am Lebensende“

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