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„Diakonie und Evangelisierung“ – Eine nicht alltägliche Vorlesung an der VP-Uni
Diakonie und Evangelisierung: Prof. Dr. Franziskus von Heereman, Professor für Philosophie an der VP-Uni, und Prof. em. P. Dr. Hubert Lenz SAC, Professor für evangelisierende Pastoral an der VP-Uni, stellten sich vor etwa 25 Studierenden und anderen Interessierten engagiert dieser wichtigen und zugleich herausfordernden Thematik.
Für die Zukunft von Glauben und Kirche gewinnt die Frage nach dem Zusammenhang von Diakonie und Evangelisierung zunehmend an Bedeutung – Kommen heute wesentlich mehr Menschen mit der Kirche über deren diakonische Dienste in Kontakt als über deren liturgischen Angebote.
Grundsätzlich gehören Verkündigung wie Diakonie zu den Grundvollzügen von Glauben und Kirche. Beide stehen nicht erst seit der zunehmenden Professionalisierung und Institutionalisierung der Caritas in einem gewissen Spannungsverhältnis zueinander. Auch wenn das caritative Engagement zu Recht kirchlich weder vereinnahmt werden will, noch den Hilfesuchen etwas überstülpen möchte, sind beide Vollzüge doch nicht voneinander zu trennen. „Sie stehen in einem wechselseitigen Bezug zueinander“, stellte Lenz in seiner Einführung heraus. Und diese wechselseitige Bezogenheit aufeinander thematisierten v. Heereman und er dann auf ganz unterschiedliche Weise.
Helfen kann zu einem zentralen Ort von Glaubenserfahrung werden
Prof. v. Heereman begann seine Ausführungen mit einem Hinweis auf Johannes den Täufer. Als dieser Jesus fragen ließ, ob er der verheißene Messias sei, antwortete dieser nicht direkt, sondern benannte als sein Erkennungszeichen verschiedene diakonische Werke – zu denen auch die Verkündigung des Evangeliums an die Armen gehörte (Matthäus 11,5). Bereits hier werde der verkündigende Charakter der Diakonie deutlich benannt – zunächst für den, der Hilfe empfängt, dann aber auch für den Helfer. – Dazu führte v. Heereman dann aus:
Wer einem Notleidenden hilft, fühlt sich in der konkreten Situation meist dazu gerufen bzw. berufen. Und wer sich auf den Hilfe-Ruf einlässt, erfährt: „Für diesen Menschen, der jetzt ganz konkret und unvertretbar mich braucht, bin ich eine gute Gabe – etwas Heilendes und Aufrichtendes trotz aller eigenen Gebrochenheit.“ Dem eigenen Leben kann diese Erfahrung neu und mehr Bedeutung und Sinn vermitteln als manch anderes, was zur Stärkung des Selbstwertes geschieht, betonte v. Heereman.
Im Gerufen-sein zur Hilfe führe das Helfen auch über die eigene Komfortzone hinaus: Das zur Selbst-sucht neigende Ich überschreite sich und sein Kreisen um sich selbst auf den anderen hin. „In einer Welt ohne Not würden wir an unserer Selbstsucht verrecken“, ist v. Heereman überzeugt – ohne zu verschweigen, dass im Gehen über die Grenze auch eine Überforderung liegt. „Doch werden wir Menschen meist erst in der Begegnung mit unserer Schwäche für die Begegnung mit Gott geöffnet.“
Im Zentrum von Diakonie und Verkündigung steht eine personale Begegnung
Im zweiten Teil der Veranstaltung betrachtete Prof. Lenz die Wechselbeziehung zwischen Diakonie und Verkündigung aus theologischer Sicht. Zur Veranschaulichung seiner Überlegungen verwies er auf die Bäume, zu deren Ganzheit neben der Krone auch Wurzeln und Stamm gehörten.
Er riet, das Gesamte von Glaube und Kirche wieder stärker in den Blick zu nehmen und wies insbesondere auf die oft übersehenen und doch für die Vitalität der kirchlichen Grundvollzüge entscheidenden Wurzeln hin: So stehe das bekannte Fingerbild von Michelangelo dafür, dass am Anfang von allem eine personale Begegnung steht. Gott spricht jedem Menschen seine unbedingte Annahme und Bejahung zu (Ich bin DA. Ich meine dich – und sage DU und JA zu dir.). Dieser Zuspruch begründe Kirche als Gemeinschaft der „aus der Anonymität und beim Namen Gerufenen“, die ihr Wesen in Liturgie, Diakonie und Verkündigung vollziehe.
Gemeinsam sei Diakonie und Verkündigung das ihnen zugrundeliegende Bild vom Menschen. „Der Mensch ist mehr als das empirisch Fassbare – er besitzt unverlierbare Würde und ist zutiefst auf Begegnung und Beziehung angelegt“, betonte Lenz. In diesem personalen Raum vollziehen sich Diakonie wie Verkündigung auf ihre je eigene Weise. Beide wollen den Menschen in seiner unbedingten Würde ansprechen, seinen Selbstwert stärken und seien nur in personaler Begegnung möglich.
Gerade diese Dimension des Personalen ist aber nicht nur im Diakonischen, sondern auch in der Verkündigung durch eine starke Fokussierung auf deren organisatorische Seite, deren institutionellen Charakter und ihre „Professionalisierung“ immer wieder gefährdet. Natürlich braucht es gute Strukturen, doch dürften diese die persönliche Begegnung nicht verdunkeln oder gar ersetzen, sondern müssten diese im Gegenteil fördern und stärken. Es brauche eine neue Balance, um die existentiellen und personalen Wurzeln von Caritas und Verkündigung wahrzunehmen und zu stärken.
Am Ende seiner Ausführungen wies Lenz auf seinen pallottinischen Mitbruder Richard Henkes hin, der nicht nur im Blick auf das christliche Menschenbild den Nazis gegenüber unzweideutig Flagge zeigte, sondern auch im KZ Dachau freiwillig seine an Typhus erkrankten Mithäftlinge aufopferungsvoll pflegte bis er sich selbst infizierte und starb. Ein Lebenszeugnis, das beispielhaft sei für die enge, untrennbare Verbindung zwischen diakonischem und verkündigendem Handeln.
Die anschließenden Reaktionen der Zuhörer zeigten, dass mit dem Thema ein Nerv getroffen wurde und die Gedanken und Überlegungen der Vorlesung weitergeführt werden sollten.
Interessierte können sich die Einleitung und die beiden Vorträge auf der Youtube-Seite „Helfen mit Herz und Profil“ in voller Länge anschauen.
Prof. Dr. Franziskus von Heereman, Professor für Philosophie an der VP-Uni. Foto: Ausschnitt aus YouTube Video Helfen mit Herz und Profil
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