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Die Menschen sind zu retten – Ein Gastkommentar zum Münchner Missbrauchsgutachten

Jetzt geht es los. Jetzt wird zum Halali geblasen. Die Jagd auf die Kirche und ihre Missbrauchstäter und -vertuscher ist in vollem Gang. Zu Recht, mag mancher sagen. Zu Unrecht, denken andere und wagen diesen Gedanken kaum auszusprechen. Was wird geschehen, wenn die Kirche zusammenbricht? Wenn Gläubige ihren letzten Halt verlieren? Kann Gott das zulassen? Müssen Katholiken das verhindern?

Nun ja, zur Aufarbeitung gibt es keine Alternative. Künftige Prävention, Konsequenzen für den geistlichen Alltag sowie für die arbeitsrechtlichen und dienstrechtlichen Vorschriften sind klar zu regeln, will sich die Kirche nicht erneut versündigen.

Das Leid wahrnehmen

Und ja: Die Kirchenmänner müssen lernen, den Betroffenen ins Gesicht zu sehen, ihr Leid wahrzunehmen und sich für sie zu engagieren. Dass dies nicht einfach ist, konnte ein Fernsehpublikum bei der Begegnung des Augsburger Bischofs Bertram Meier mit zwei Missbrauchsopfern vor laufender Kamera beobachten.

Und ja: Es ist ein Schuldeingeständnis nötig und notwendig, sei es systemischer Art für das Unrecht im kirchlichen System oder sei es persönlicher Art für eigenes Fehlverhalten, fürs Wegsehen, für das Nichtwahrhaben wollen oder das Nichterkennen und -anerkennen von Leid.

Und ja: Das wird alle auf den Plan rufen, die aus ganz unterschiedlichen Gründen eine Rechnung mit dieser Kirche offen haben. Denn natürlich gibt es Missbrauchsfälle in hoher Größenordnung auch in den Familien, in den Sportvereinen, in pädagogischen Einrichtungen, in Heimen, in anderen Kirchen und und und. Aber die Katholische Kirche steht bei diesem Thema aus triftigem Grund im Fadenkreuz. Denn zu hoch ist ihr moralischer Anspruch gerade in Fragen der Sexualität, zu viel Leid hat sie bewusst und unbewusst über Menschen gebracht und auch noch mit dem Mantel der Heiligkeit zugedeckt.

All dies wird ihr jetzt in einem Spiegel – und leider auch in einem Zerrspiegel – vorgehalten. Und die Fallhöhe, aus der diese hierarchische Kirche stürzt, ist gigantisch. Das wird mancher Kirchenkritiker auch mit gewissem Vergnügen zur Kenntnis nehmen.

Und ja: Das tut weh. Das schmerzt tief. Das verletzt erneut. Und zwar diejenigen, die nichts dafür können, die in der Kirche schlicht ihre Heimat gefunden haben und die nun mit in den Strudel gerissen werden. Diese Kirche ist in ihrer Gesamtheit betroffen und getroffen. Sie wird diese Situation nicht unverändert überstehen. Ist das der Untergang?

Veränderung um der Menschen willen

Nein: Die Kirche muss nicht gerettet werden. Sie wird sich wandeln müssen, und zwar nicht um ihrer selbst willen, sondern um der Menschen willen. Katholiken haben laut unserem Ordensgründer Vinzenz Pallotti nicht die Aufgabe, die Kirche zu retten. Nein, sie sollen die Menschen retten. Sie sollen von der Botschaft des Evangeliums erzählen, von der Liebe Christi, von der Liebe Gottes, die unendlich ist und die für alle die Gnade der Versöhnung bereithält, damit Wunden heilen können.

Alle in der Kirche, ob Männer, Frauen, Priester oder Bischöfe, alle sollen sich darum kümmern, dass Menschen, denen Leid angetan wurde, Hilfe zuteil wird. Dass sie wieder atmen können und leben können. Menschen sollen durch Christen Hoffnung schöpfen können – eine Hoffnung, die diese hoffentlich auch selbst gefunden haben.

Was mit der bestehenden Kirche dann geschieht, spielt nur eine untergeordnete Rolle. Strukturen können vergehen. Aber die Kirche als das Volk Gottes wird überall da wieder beginnen zu wachsen, wo zwei oder drei in Christi Namen versammelt sind. Und immer neu muss jede Organisation zu allen Zeiten darauf achten, dass Missbrauch von Menschen an Menschen verhindert wird.

Zur Person:

Alexander Schweda (53) ist Chefredakteur der Pallottiner-Zeitschrift „das zeichen“ und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Pallottiner. Er gehört der Vereinigung des Katholischen Apostolates (UAC) an, der ersten Gründung des römischen Priesters Vinzenz Pallotti, der danach auch die Pallottiner und die Pallottinerinnen ins Leben rief.

Alexander Schweda, Chefredakteur der Pallottiner-Zeitschrift „das zeichen“ und Leiter der Öffentlichkeitsarbeit der Pallottiner. Bild: Pallottiner

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