Aktuelles

| Von Prof. Dr. Joachim Schmiedl ISch

„Quarantäne in der Fastenzeit“

Impulse und Interviews der PTHV zur Corona-Krise

Auch wenn die aktuelle Zeit in der Corona-Krise einige gravierende Einschränkungen mit sich bringt, so bietet sie auch Chancen über christliche Werte, Begriffe wie Solidarität, Nächstenliebe oder Dankbarkeit (neu) nachzudenken und hebt die Wichtigkeit (guter) Pflege nochmal auf eine neue Bedeutungsebene. Die Philosophisch-Theologische Hochschule Vallendar (PTHV) bildet an zwei Fakultäten – Theologie und Pflegewissenschaft – Menschen aus, die insbesondere auch in der aktuellen Situation, elementare Stützen der Gesellschaft darstellen: Seelsorgerinnen und Seelsorger, Priester, theologisches Fachpersonal, Pflegefachpersonal, Forschende in den Bereichen Weiterentwicklung guter Pflege sowie Lehrerinnen und Lehrer in beiden Fakultäten.

Mit den ab sofort regelmäßig erscheinenden Impulsen von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern beider Fakultäten liefert die PTHV auf innovative Weise geistige Anregungen zu drängenden Fragen im Rahmen der Corona-Krise für Kirche, Gesellschaft und Politik und macht dadurch indirekt auf die Studienangebote und Themenfelder an der PTHV aufmerksam.

Impuls von:

Prof. Dr. Joachim Schmiedl ISch, Lehrstuhl für Mittlere und Neue Kirchengeschichte an der PTHV: Quarantäne in der Fastenzeit

In den sozialen Medien wird seit einigen Wochen intensiv diskutiert, wie Kirche und Theologie mit der Corona-Krise umgehen sollen. Die ganze Welt erlebt sich gegenwärtig in Quarantäne. Eigentlich ist mit diesem Wort ein Zeitraum von 40 Tagen gemeint. Das entspricht den 40 Tagen der Fastenzeit. Dass diese Österliche Bußzeit in Form von Kontaktverboten, Home Office und Kurzarbeit nicht nur von den Christen, sondern von allen Menschen in allen Kontinenten gelebt werden muss, war nicht abzusehen. Es zeigt aber, wie durch die Globalisierung die Welt in eine schicksalhafte Solidarität gestellt wird. Im Neuen Testament reflektiert Paulus darüber, wenn er in Gal 3,28 schreibt: „Es gibt nicht mehr Juden und Griechen, nicht Sklaven und Freie, nicht männlich und weiblich; denn ihr alle seid einer in Christus Jesus.“ Die Unterschiede zwischen den Ländern und Kontinenten bleiben zwar, ja sie werden durch die Folgen der Krise sogar noch verschärft, aber Corona stellt uns in eine globale Solidarität der Hilflosigkeit, wie sie die westlichen Industrie- und Konsumgesellschaften überwunden zu haben glaubten.

Im Johannesevangelium wird von einem Gespräch Jesu mit einer Frau aus Samarien berichtet. Die lokale Verwurzelung des Kultes symbolisierte sich für die Juden im Tempel zu Jerusalem, für die Samaritaner auf dem Berg Garizim beim heutigen Nablus. Jesus kritisiert diese Ortsbindung mit den Worten: „Aber die Stunde kommt und sie ist schon da, zu der die wahren Beter den Vater anbeten werden im Geist und in der Wahrheit; denn so will der Vater angebetet werden. Gott ist Geist und alle, die ihn anbeten, müssen im Geist und in der Wahrheit anbeten.“ (Joh 4, 23-24).Bereits zur Zeit Jesu spielte sich ein Großteil der Gottesverehrung im Rahmen des Synagogengottesdienstes ab. Auch die frühen Christen versammelten sich in kleinen Gruppen. Doch der ortskritische Hinweis Jesu gegenüber der Samariterin geriet in Vergessenheit, als ab dem vierten Jahrhundert „Gotteshäuser“ gebaut wurden, für welche die Bezeichnung der Gemeinschaft der Gläubigen – Kirche – synonym verwendet wurde. Das ursprünglich ort-lose, dadurch aber universale Christentum realisierte sich in Gebäuden. Die Corona-Krise fordert zu einer „Rolle rückwärts“ heraus. Gottesdienst findet nun nicht mehr in Gebäuden statt, sondern „im Geist“, näher in in der Cloud des Internets. Auch auf die Formen des Gottesdienstes hat Corona Auswirkungen: Es gibt gestreamte Eucharistiefeiern ohne Volk, Übertragungen aus großen Kathedralen mit einer Handvoll Teilnehmenden, Stundengebet aus Klöstern, aber auch kreative neue Formen von Hausgottesdiensten mit der Familie, mit Katze und Hund. Kirchliches Handeln verändert sich in Krisenzeiten. Was das für eine Kirche bedeutet, die sich in Deutschland auf einen „synodalen Weg“ begeben hat, wird sich zeigen.

Für die meisten gottesdienstlichen Feiern wäre eine Teilnehmerbegrenzung wahrscheinlich sowieso nicht nötig gewesen. Denn auch am Sonntag ist in vielen Kirchen so viel Platz, dass der Abstand untereinander gewahrt werden kann. Immer aber ist in der Feier des Gottesdienstes, ob nun Eucharistie oder Stundengebet, die ganze Gemeinde und die ganze Kirche gegenwärtig. Die Anwesenden feiern stellvertretend für die, welche nicht anwesend sein können oder wollen. In den Berichten vom letzten Mahl Jesu mit seinen Jüngern, die in jeder Eucharistie- und Abendmahlsfeier wiederholt werden, steht das „für euch“ im Mittelpunkt. Gottesdienst ist nie Selbstzweck, sondern bezieht die ganze Kirche mit ein, ob er nun allein oder mit einer Repräsentanz von Gemeinde gefeiert wird. Das Zweite Vatikanische Konzil hat deshalb den Fürbitten einen neuen Stellenwert gegeben. In den dort formulierten Anliegen, die in der Krisenzeit auch virtuell mitgeteilt werden können, ist die ganze Kirche präsent. Und im Eucharistischen Hochgebet wird ausdrücklich die Kirche, die auch, aber nicht nur aus Papst und Bischof besteht, einbezogen. Wie eindrucksvoll Stellvertretung sein kann, hat Papst Franziskus am 27. März mit seinem Segen „Urbi et orbi“ gezeigt: Ganz allein auf dem Petersplatz, vor einer leeren Kirche, aber dennoch als Repräsentant einer globalen Welt. Die Geste wurde verstanden. Sie wiederholt sich in der Zeit der Krise in jeder Form von Gottesdienst, der in Stellvertretung gefeiert wird.

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